Unterstützen Sie Pro Infirmis: Tag der pflegenden und betreuenden Angehörigen

Fallbeispiel: Ilaj (7) – im Rhythmus einer Familie

Im fröhlich bunten Familienalltag gibt der 7-jährige Ilaj den Takt vor. Er ist mit einer schweren Hirnfehlbildung zur Welt gekommen. Anlässlich des Tags der pflegenden und betreuenden Angehörigen am 30. Oktober bedankt sich Pro Infirmis bei allen, die sich im Alltag um ihre Liebsten kümmern.

«Wir sind angekommen im Leben», erzählt Mama Sandra und strahlt. «Ich kann sagen, uns geht es gut. Richtig gut.» Dass sie dies heute voller Überzeugung von sich und ihrer Familie behaupten kann, ist nicht selbstverständlich. Denn es gab Zeiten, die waren alles andere als einfach. Doch blicken wir zurück:

Ein Start mit Schwierigkeiten

Als Ilaj 2016, rund 18 Monate nach seinem älteren Bruder Noé, zur Welt kommt, scheint alles in Ordnung. Einzig, der etwas grosse Kopf von Ilaj macht die Geburt schwierig – und die Hebamme stutzig. Es vergehen zwei Monate als die Sorgen der Eltern beginnen. Mit acht Wochen kann Ilaj seinen Kopf noch nicht selbst heben, was für einen Säugling in seinem Alter problemlos möglich sein müsste. Diverse Abklärungen bringen schliesslich Gewissheit: Ilaj hat eine sehr seltene, angeborene Fehlbildung der Grosshirnrinde. Zudem hat er eine Hypotonie, eine niedrige Muskelspannung.

Mit der Diagnose beginnt für die Eltern der schmerzhafte Verarbeitungsprozess. Sie müssen akzeptieren, dass Ilaj einen anderen Weg vor sich haben wird als sein älterer Bruder Noé. Dass er Vieles, was für andere Kinder selbstverständlich ist, nie können wird, dass er nie selbstständig und unabhängig sein Leben bestreiten wird. «Mich überkam monatelang immer wieder eine unermessliche Trauer», blickte Beat damals auf diese schwierige Zeit zurück. «Manchmal habe ich einfach angefangen zu weinen, selbst bei der Arbeit.» Auch Sandra kommt an ihre Grenzen: «Rund ein Jahr nach Ilajs Geburt konnte ich nicht mehr.»

Heute besser aufgestellt

«Heute stehen wir an einem ganz anderen Punkt als damals», erzählt Sandra. «Wir spüren viel mehr Bereicherung, nicht mehr so stark Überforderung.» Diese positive Veränderung erklären sich die Eltern damit, dass sie mittlerweile «supergut aufgestellt» seien. Die Familie hat einen Weg gefunden, der für sie stimmt und ihr voll und ganz entspricht. So unterrichtet Sandra, die ausgebildete Lehrerin ist, den schulpflichtigen Noé (9) im Home-Schooling, während sie sich gleichzeitig um den jüngeren Bruder Taio (4) kümmern kann. Ilaj wird unter der Woche in einer heilpädagogischen Einrichtung betreut, wo er auch zweimal über Nacht bleibt.

«Es war nicht immer alles so sonnig und leicht wie jetzt. Wir sind auch durch dunkle Zeiten gegangen, kennen die schweren Momente», erzählt Sandra. «Ich würde sagen, die Krisen haben mich geläutert. Und sie haben uns Dankbarkeit gelehrt.» Dankbar ist Familie H. zum Beispiel auch einfach dafür, dass sie in der Schweiz lebt und Kinder wie Ilaj hier die bestmögliche Versorgung und Betreuung erhalten. «Dank der IV, aber auch dank Organisationen wie Pro Infirmis sind Menschen mit Behinderungen oder Familien wie wir gut aufgefangen. Alle diese Leistungen, die wir beziehen, machen es möglich, dass wir als Familie heute ein so leichtes und schönes Leben führen dürfen. Dafür sind wir unendlich dankbar», so Sandra.

Danke an alle pflegenden und betreuenden Angehörigen

Auch wir von Pro Infirmis sagen Danke: Danke an all die pflegenden und betreuenden Angehörigen, die sich aufopfernd um eine geliebte Person kümmern. Am 30. Oktober, der Tag der pflegenden und betreuenden Angehörigen, denken wir an sie.

Gleichzeitig müssen sich die Bedingungen für die pflegenden und betreuenden Angehörigen in der Schweiz verbessern. So leisten Angehörige zum Beispiel einen grossen Teil der Assistenzdienste für Menschen mit Behinderungen. Diese Leistungen sind aber vom Assistenzbeitrag der IV ausgeschlossen. Bereits vor 11 Jahren forderte Nationalrat Christian Lohr, dass Assistenzleistungen von Angehörigen zu maximal 80 Prozent entschädigt werden. In der Herbstsession 2023 wurde die Frist zur Behandlung dieses Geschäfts um weitere zwei Jahre – also bis 2025 – verlängert.

Viele Unternehmen haben Massnahmen zur Vereinbarkeit von Erwerbstätigkeit und Angehörigenbetreuung ergriffen. Obwohl eine Studie zeigt, dass eine Mehrheit der Teamleitenden diese Massnahmen positiv beurteilen, wird in der öffentlichen Diskussion oft ein negatives Bild gezeichnet. Die Mitte-Ständerätin Marianne Maret fordert deshalb vom Bundesrat, in einem Bericht die Gewinne und Einsparungen aufzuzeigen, die dank diesen Massnahmen erzielt werden.

Damit das Thema die Bedeutung bekommt, die es verdient, soll der Bundesrat den 30. Oktober zum «nationalen Tag der betreuenden Angehörigen» erklären. Dies fordert eine Motion von Nationalrat Pierre-Yves Maillard, die im Mai 2023 vom Nationalrat angenommen wurde.

Es ist nicht nur eine Frage der Anerkennung, sondern auch der Gerechtigkeit – unsere pflegenden und betreuenden Angehörigen verdienen mehr als Dankbarkeit: Sie verdienen konkrete Massnahmen der Politik.

Veranstaltungen

Aargau

Im Kanton Aargau verteilt die Interessengemeinschaft für pflegende und betreuende Angehörige Zuckersäckchen in Restaurants im ganzen Kanton und macht damit auf Hilfsangebote für Betroffene aufmerksam.

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Bern

Bei Kaffee und Kuchen eine kurze Auszeit nehmen, sich unterhalten und mit Fachleuten ins Gespräch kommen. Vom 16. bis 30. Oktober 2023 freuen wir uns auf einen Besuch der betreuenden Angehörigen bei einem der «Austausch-Cafés».

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Freiburg

Pro Infirmis Freiburg engagiert sich am 30. Oktober 2023 im Théâtre Équilibre. Es erwarten Sie Diskussionen, ein Quiz und ein gemütliches Beisammensein mit Blick auf die Voralpen.

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Solothurn

Im Kanton Solothurn werden 5'500 Dankeskarten an pflegende und betreuende Angehörige verteilt. Dadurch erhalten sie Zugang zu einer Videobotschaft von Vertreter:innen der beteiligten Organisationen. 

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St. Gallen

Zusammen mit diversen Organisation organisieren wir in St. Gallen einen Überraschungsdank. Die Idee ist, dass Kinder und Erwachsene, welche Pflege und Betreuung erhalten, Geschenke vorbereiten. Damit die Überraschung perfekt ist, überbringen Kurierinnen und Kuriere am Samstag, 30. Oktober im Namen der Betroffenen die Geschenke an die Angehörigen.

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Zug

Als Zeichen der Wertschätzung bringen wir pflegenden und betreuenden Angehörigen im Kanton Zug am 30. Oktober 2023 eine Schokoladenschnitte nach Hause. 

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Zürich

Im Podcast Bei «Das kleine Glück schätzen» sprechen pflegende und betreuende Angehörige mit einer Expertin über Herausforderungen und Glücksmomente in ihrem Alltag. In der dritten Folge erzählt eine Mutter vom Alltag mit ihrer 9-jährigen Tochter, die eine Entwicklungsstörung hat.

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