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Keine Diskriminierung beim Zugang zu intensivmedizinischen Behandlungen

Nach Kritik der Behindertenorganisationen hat die Schweizerische Akademie der Medizinischen Wissenschaften (SAMW) nun die Kriterien zur Triage von intensivmedizinischen Behandlungen bei Ressourcenknappheit angepasst. Sie verzichtet auf die Anwendung der «Fragilitätsskala» für Menschen mit Behinderungen. Pro Infirmis begrüsst diesen wichtigen Entscheid.

Dies ist eine Medienmitteilung von Inclusion Handicap, unserem politischen Dachverband. Pro Infirmis ist im Vorstand vertreten.

Am 4. November 2020 hatte die SAMW die Kriterien verschärft, nach denen im Fall der Ressourcenknappheit in der Intensivmedizin entschieden würde, wer auf die Intensivstation eingewiesen wird. Dabei stützte sie sich für Menschen ab 65 Jahre auf eine «Fragilitätsskala», welche die Abhängigkeit von Hilfe Dritter herbeizieht.

Die Dachverbände Inclusion Handicap und AGILE.CH hatten sich damals in einem Schreiben an die SAMW gewandt und sie aufgefordert, die Triage-Kriterien zu überarbeiten. Die Anwendung der «Fragilitätsskala» hätte dazu geführt, dass Menschen mit Behinderungen überdurchschnittlich häufig von einer intensivmedizinischen Behandlung ausgeschlossen werden. Die Forderungen von Inclusion Handicap und AGILE.CH wurden gehört: «Wir sind erleichtert. Denn dass viele Menschen aufgrund ihrer Behinderung auf Hilfe angewiesen sind, um ihren Alltag zu bewältigen, sagt nichts über ihre Überlebenschancen nach einer intensivmedizinischen Behandlung aus», sagt Verena Kuonen Co-Präsidentin von Inclusion Handicap

Würdigung aus Sicht des Behindertengleichstellungsrechts

Die SAMW anerkennt neu ausdrücklich, dass die klinische «Fragilitätsskala» für die Einschätzung der Gebrechlichkeit von Menschen mit Behinderungen nicht validiert ist und entsprechend bei ihnen nicht zur Anwendung kommen darf: Die für viele Menschen mit Behinderungen typische Abhängigkeit von Dritten bei Aktivitäten des täglichen Lebens korreliert nicht mit der kurzfristigen Prognose, welche für die Triage entscheidend ist. «Die SAMW hat erfreulich schnell reagiert und die Kritikpunkte der Behindertenorganisationen aufgenommen. Jetzt ist es an den Bundesrat zu prüfen, ob die gesetzlichen Grundlagen für die Triage-Entscheidungen in den Spitälern ausreichen, um eine Diskriminierung zu verhindern», so Maya Graf Co-Präsidentin von Inclusion Handicap. Ihr am 3. Dezember dazu eingereichtes Postulat soll diese Frage klären.

Auskunft

Caroline Hess-Klein, Abteilungsleiterin Gleichstellung

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