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Programm zur Konferenz: 10 Jahre Assistenzbeitrag

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Herausforderungen auf parlamentarischer Ebene: den Anspruch auf einen Assistenzbeitrag auf Angehörige und verunfallte Personen ausweiten

Angehörige mit dem Assistenzbeitrag entlöhnen

Dank des Assistenzbeitrags der IV können viele Menschen mit Behinderung zu Hause ein selbstbestimmtes Leben führen, indem sie persönliche Assistentinnen und Assistenten anstellen. Der Assistenzbeitrag kann jedoch nicht verwendet werden, um Assistenzleistungen zu bezahlen, die von direkten Angehörigen (Eltern, Kinder, Grosseltern und Partner) erbracht werden. Diese Einschränkung wurde ursprünglich mit dem Ziel eingeführt, Angehörige zu entlasten. Doch wegen fehlendem Assistenzpersonal, dank der Nähe der Angehörigen und spätestens mit der Isolation durch die Pandemie wurde klar, dass Angehörige dennoch eine wichtige Rolle im System der Assistenz und des selbstbestimmten Lebens spielen. Wenn diese Rolle nicht anerkannt und entgeltet werden kann, bedeutet diese Einschränkung heute weniger den Schutz von Angehörigen als einen Einschnitt in der Wahlfreiheit der Betroffenen und ihrer Angehörigen. Eine Interpellation von Barbara Gysi, die diese Praxis für die Covid-Krise hinterfragte, fand beim Bundesrat kein Gehör. Doch nun ist eine generelle Änderung mit der Annahme der parlamentarischen Initiative, die vor gut zehn Jahren von Christian Lohr eingereicht wurde, auf guten Weg.

Assistenzbeitrag für verunfallte Personen 

Menschen, die aufgrund eines Unfalls eine Beeinträchtigung haben und aufgrund dieser nicht mehr selbstständig leben können, haben kein Anrecht auf den Assistenzbeitrag. Dies liegt daran, dass die Hilflosenentschädigung der Unfallversicherung (UV) Vorrang vor derjenigen der IV hat und der Assistenzbeitrag nur im Rahmen des IVG vorgesehen ist. Diese Ungleichbehandlung kann dazu führen, dass verunfallte Personen, die bei den alltäglichen Verrichtungen auf die Hilfe Dritter angewiesen sind, gezwungen sind, in einer hochgradig medizinischen Einrichtung zu leben, obwohl sie eigentlich wie andere Menschen mit einer Behinderung zu Hause leben möchten. Diese Ungleichbehandlung entsprich gemäss einer Anfrage von Marina Carobbio Guscetti an den Bundesrat einem Verstoss gegen die UN-Behindertenrechtskonvention. Der Bundesrat ist nicht der gleichen Meinung, kann jedoch keine Zahlen vorweisen, wie viele Personen von dieser Situation betroffen sind oder nicht. Eine bessere Koordination von Versicherungsleistungen und eine weitere Flexibilisierung des Assistenzbeitrags sind damit politisch noch nicht vom Tisch.

Mit den Beiträgen von:

Christian Lohr, Nationalrat die Mitte (TG), Autor der Initiative 12.409 «Entschädigung von Hilfeleistungen von Angehörigen im Rahmen des Assistenzbeitrages», welche von der Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit der Ständerats Im August 2021 zugestimmt wurde.

Barbara Gysi, Nationalrätin SP (SG), Autorin der Interpellation 20.3723 «Angehörige sollen während Gesundheitskrisen mit Assistenzbeiträgen für ihre Arbeit entschädigt werden können» und Mitunterzeichnende der Initiative Lohr

Marina Carobbio Guscetti, Ständerätin SP (TI), Autorin der Anfrage 18.1020 “Personen, die nach einem Unfall invalid werden, sollen weiterhin zu Hause leben können» und Mitunterzeichnende der Initiative Lohr

Moderation: Matthias Kuert Killer, Abteilungsleiter Kommunikation und Politik, Inclusion Handicap.


Runder Tisch «Leben zu Hause mit privatem Personal: Fragen zum Status von Assistentinnen und Assistenten»

Eine zentrale Rolle beim Modell des Assistenzbeitrags spielen die persönlichen Assistentinnen und Assistenten. Als Angestellte unterstützen sie die Betroffenen in ihrem Alltag. Trotz dieser Bedeutung ist die Anerkennung und die wirtschaftliche Situation für diese Berufsgruppe jedoch prekär: Kleine Pensen und tiefe Löhne führen zu unattraktive Anstellungsbedingungen. Ohne angemessene Entlöhnung ist es sowohl schwierig, geeignetes Assistenzpersonal zu finden, als auch die Arbeitsverträge mit den Bestimmungen der kantonalen NAV in Einklang zu bringen. Dies bringt wiederum die Menschen mit Behinderungen als Arbeitgebende in eine unangenehme Lage.

Fehlende rechtliche Grundlagen schaffen für Arbeitnehmende und Arbeitgebende Unsicherheit.

So kann das Leben zu Hause zur Knacknuss werden. Ist es möglich, für Assistentinnen und Assistenten einen eigenen Rechtsstatus zu schaffen? Wenn ja, zu welchem Preis und wer ist bereit, diese Kosten zu tragen.

Mit den Beiträgen von:

Mit Marco Geu, Zentralsekretär der Gewerkschaft Syna,

Simone Leuenberger, wissenschaftliche Mitarbeiterin bei AGILE.CH und Geschäftsführerin von InVIEdual,

Pierre Margot-Cattin, Assoziierter Professor an der Walliser Hochschule für Soziale Arbeit HES-SO/Wallis,

Adriano Previtali, Assoziierter Professor für Verfassungsrecht und Sozialrecht an der Universität Freiburg und Präsident von Pro Infirmis

Moderation: Monika Dörflinger, Bereichsleiterin HR & Support, Mitglied der Geschäftsleitung von Pro Infirmis


Workshops (Dauer 1 Stunde von 14.45 bis 15.45)

Knackpunkt Arbeitgeberrolle: Assistenzberater*innen von Pro Infirmis und Arbeitgeberin im Dialog

Der Assistenzbeitrag mit dem dazugehörigen Arbeitgebermodell verspricht grösstmögliche Autonomie. Was sind dabei die Herausforderungen? Wie gehen Arbeitgebende mit dem Spannungsfeld ihrer Rolle und dem Angewiesensein auf die Assistenzperson um? Welche Unterstützungsleistung wäre hilfreich?

Diese Fragen diskutieren zwei Assistenzberaterinnen von Pro Infirmis, im Dialog mit Nadja Schmid, welche als Arbeitgeberin und Assistenznehmerin diesem Spannungsfeld ausgesetzt ist. Nadja hat aktuell 13 Assistenzpersonen angestellt.

Mit Silvia Baumann, Joëlle Eastus, Assistenzberaterinnen Pro Infirmis BE,

Nadja Schmid, Arbeitgeberin, Beraterin zum Thema Leben mit Assistenz 

Für mehr Lebensqualität – Chancen des Assistenzbeitrags

Dank dem Assistenzbeitrag werden Menschen mit einem Handicap zu Arbeitgebenden.

Sie stellen Personen an, die sie selbst ausgewählt haben: aus Familie, Freundeskreis, Nachbarschaft oder über ein Inserat. Durch die Assistenzberatung von Pro Infirmis werden sie in ihrer Arbeitgeber*innenrolle geschult und mit den Pflichten eines Arbeitgebenden vertraut gemacht. Frau Sabine Reist, Arbeitgeberin mit einer Sehbehinderung erzählt, wie sie das Assistenzmodell persönlich umsetzt.

Mit Bea Beer und Birgit Herzig, Assistenzberaterinnen Pro Infirmis AG-SO und Sabine Reist

Zehn Jahre Assistenzbeitrag: ein Etappensieg? Stimmen wir ab über mögliche Verbesserungen. 

Der Assistenzbeitrag ist ein erster Etappensieg, dennoch gibt es noch einige Hürden zu überwinden. In diesem Workshop sind Sie eingeladen, über mögliche Verbesserungen zu diskutieren, die Sie für wichtig halten. Zum Beispiel: Sollten die Zugangsbedingungen für Minderjährige ausgeweitet werden? Warum werden nur elf (von zwölf) Monate finanziert, wenn ein Angehöriger im selben Haushalt lebt? Wäre eine alternative Finanzierung für ein selbstbestimmtes Leben jenseits des Arbeitgeber-Arbeitnehmer-Modells wünschenswert? Oder haben Sie vielleicht ein anderes Entwicklungsthema, das Ihnen am Herzen liegt? In diesem Workshop können Sie für die Themen abstimmen, die für Sie Priorität haben.

Mit Yann Friedli und Mauro Pereira-Bento, Assistenzberater Pro Infirmis VD und Pro Infirmis GE


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