
Nationalrat und Ständerat haben in der Herbstsession 2025 zwei Motionen behandelt, die die Inklusion im ersten Arbeitsmarkt stärken wollen. Ein Vorstoss von Philipp Kutter möchte einen neuen Anreiz für Unternehmen setzen, Menschen mit einer IV-Rente zu beschäftigen. Der Vorstoss von Benjamin Roduit zielt darauf ab, Fehlanreize bei der Wiedereingliederung abzubauen.
Die Teilhabe am ersten Arbeitsmarkt ist ein wichtiger Erfolgsfaktor für eine inklusive Gesellschaft. Leider ist diese für Menschen mit Behinderungen heute zu oft nicht möglich. Insbesondere angesichts der steigenden Anzahl Jugendlicher, die aufgrund psychischer Behinderungen aus dem Arbeitsmarkt ausscheiden, braucht es hier dringend Lösungen.
Fehlanreize im IV-System abbauen
Zwei Motionen, die im Parlament verhandelt wurden, wollen hier Verbesserungen bewirken. Mit der Motion 24.4618 von Benjamin Roduit soll ein zentraler Fehlanreiz im heutigen IV-System beseitigt werden: Heute besteht bei einem Arbeitsversuch ein doppeltes Risiko, denn dieser löst sofort eine IV-Rentenüberprüfung aus. Im schlimmsten Fall kann eine Person aufgrund ihrer Behinderung den Arbeitsversuch nicht erfolgreich weiterführen, aber verliert aufgrund ihres Versuchs und der Neueinschätzung dennoch die IV-Rente.
Die Motion sieht vor, dass während drei Jahren keine automatische Rentenüberprüfung erfolgt. Dies schafft Sicherheit für Betroffene und senkt die Hemmschwelle, einen Arbeitsversuch zu wagen. Nach der Annahme durch beide Räte ist nun der Bundesrat am Zug.
Neue Anreize für inklusive Arbeitgebende schaffen
Die Motion 24.4039 von Philipp Kutter beinhaltet einen Anreiz für die Arbeitgeberseite. Arbeitgebende, die Menschen mit einer Invalidenrente oder Hilflosenentschädigung beschäftigen, sollen gekoppelt an deren Lohn einen Steuerabzug geltend machen können. Sie wurde vom Nationalrat mit einer grossen Mehrheit von 168 Stimmen angenommen und geht nun an den Ständerat.
Die Umsetzung der Motion wäre eine Ergänzung des bisherigen Fokus auf die Massnahmen der Sozialversicherungen und könnte einer der grössten Hürden bei der heutigen Eingliederung entgegentreten: das finanzielle Risiko, das Arbeitgeber dabei befürchten (BSV-Arbeitgeberbefragung 2021). Ausserdem würde eine solche Regelung die Arbeitnehmenden und Arbeitgebenden direkt in Verbindung setzen und damit das Prinzip Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen stärken.
Wichtige Fortschritte bei Inklusion auf dem Arbeitsmarkt
Pro Infirmis begrüsst die Absichten des Parlaments, die Arbeitsinklusion zu stärken. «In der Arbeitswelt entstehen Begegnungen, die die Inklusion in der Gesellschaft verankern. Jeder Schritt für mehr Teilhabe im ersten Arbeitsmarkt bedeutet einen Schritt hin zu einer inklusiven Gesellschaft», sagt Matyas Sagi-Kiss, Vorstandsmitglied von Pro Infirmis.