
Von Juni bis Oktober 2025 befindet sich der Gegenentwurf zur Inklusionsinitiative in der Vernehmlassung. Das bedeutet, dass interessierte Kreise wie Kantone, Parteien und Verbände die Möglichkeit haben, Stellung zum Gesetzesentwurf zu geben.
Pro Infirmis hat gemeinsam mit dem Dachverband Inclusion Handicap eine Stellungnahme eingereicht.
Die Inklusionsinitiative fordert die rechtliche und tatsächliche Gleichstellung von Menschen mit und ohne Behinderungen in allen Lebensbereichen. Kernforderungen sind die freie Wahl von Wohnform und -ort, der Anspruch auf personelle und technische Assistenz sowie die gleichberechtigte Teilhabe am gesellschaftlichen Leben. Ziel ist es, ein selbstbestimmtes Leben für Menschen mit Behinderungen zu ermöglichen, das den vollständigen und diskriminierungsfreien Zugang zu Arbeit, Bildung, Politik, Kultur und Freizeit sichert.
Beim indirekten Gegenvorschlag vom Bundesrat fehlen konkrete Verbesserungen von Assistenzleistungen und Hilfsmitteln in der Invalidenversicherung und eine effektive Stärkung des selbstständigen Wohnens. Die blosse Ausweitung der Zielgruppe des Assistenzbeitrags bringt ohne Abbau bestehender Hürden keine Verbesserung. Die Vorschläge bezüglich Hilfsmittel orientieren sich aus Sicht von Pro Infirmis nicht am eigentlichen Ziel, Ansprüche und Zugang in diesem Bereich zu verbessern.
In Bezug auf das selbstbestimmte und selbstständige Wohnen muss der indirekte Gegenvorschlag die Wahlfreiheit von Ort und Wohnform rechtlich und durch klare Vorgaben zu Unterstützungsleistungen sicherstellen. Dafür muss ein Transfer von institutionellen zu ambulanten Leistungen vorgesehen und geplant werden.
Zudem erfasst das Inklusionsgesetz mit einem sehr engen Behinderungsbegriff nur Personen, die eine Leistung der Invalidenversicherung beziehen. Das sind jedoch nur rund ein Viertel der Menschen mit Behinderungen in der Schweiz. Siehe: Bundesrat legt ungenügenden Gegenvorschlag zur Inklusionsinitiative vor.
Pro Infirmis fordert deshalb ein Inklusionsrahmengesetz, das gegenüber dem Behindertengleichstellungsgesetz einen tatsächlichen Mehrwert bedeutet. Dafür müsste es für verschiedene Lebensbereiche Verbesserungen vorsehen, durchsetzbare Rechtsansprüche definieren und klare Weichen für die Umsetzung durch Bund und Kantone stellen.
Aus Sicht von Pro Infirmis braucht es diese Anpassungen, um Menschen mit Behinderungen tatsächlich gleichzustellen und eine inklusive Schweiz zu schaffen. In Koordination mit unserem Dachverband Inclusion Handicap haben wir für die Vernehmlassung daher eine detaillierte Stellungnahme eingereicht.
Das zentrale Anliegen der Inklusionsinitiative bleibt die verfassungsmässige Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen. Ein Anliegen, das über 100'000 Menschen mit ihrer Unterstützung der Initiative fordern und für das wir uns weiterhin einsetzen werden!