Petitionen der Behindertensession 2023

Am 24. März 2023 tagte die erste Behindertensession der Schweiz. 44 von der Öffentlichkeit gewählte Menschen mit Behinderungen nahmen im Nationalratssaal 22% der Plätze ein. Dies entspricht dem Anteil der Schweizer Bevölkerung, der mit einer Behinderung lebt.

In der aktuellen Politik sind diese Menschen jedoch sehr viel weniger gut repräsentiert und stossen bei der politischen Teilhabe auf vielseitige Hindernisse. Dies hindert sie daran, ihren Beitrag an die Schweizer Politik zu leisten. Darum wendet sich die Behindertensession mit der verabschiedeten Resolution «vollständige politische Teilhabe jetzt!» an die Politik, die Behörden und die Zivilgesellschaft, um die Teilhabe und Vertretung von Menschen mit Behinderungen auf allen politischen Ebenen zu stärken.

Am 10. Mai 2023, anlässlich der Aktion auf dem Bundesplatz, reichten die sieben Mitglieder der Kommission der Behindertensession drei Petitionen bei der Bundesversammlung und beim Bundesrat ein. Diese nehmen die Forderungen auf, die sich an den Bund wenden, und gruppieren sie in drei Bereiche:

1. Autonomes und ungehindertes Wahl- und Stimmrecht
2. Hindernisfreiheit und Teilhabe am politischen Leben
3. Politische Mitsprache und passives Wahlrecht

Hier sind die Petitionen im Wortlaut:

Petition 1: Autonomes und ungehindertes Wahl- und Stimmrecht

Die Schweizer Demokratie lebt von der Vielfalt des föderalen und mehrsprachigen Staates. Wir Menschen mit Behinderungen tragen zu dieser Vielfalt bei. Unser Wissen und unsere Expertise zu Fragen der Inklusion, aber auch weit darüber hinaus auszuschliessen, hindert die Schweiz daran, weiterzukommen. Von einem hindernisfreien Zugang zum öffentlichen Leben profitiert die gesamte Bevölkerung.

Die Behindertensession 2023 wendet sich mit der Resolution «vollständige politische Teilhabe jetzt!»  an die Politik, die Behörden und die Zivilgesellschaft, um die Teilhabe und Vertretung von Menschen mit Behinderungen auf allen politischen Ebenen zu stärken. Basierend auf dieser Resolution wendet sich die Kommission der Behindertensession mit der vorliegenden Petition an die Bundesversammlung und an den Bundesrat.

Forderung

Wir Menschen mit Behinderungen fordern, autonom und ungehindert unser Wahl- und Stimmrecht ausüben zu können. Niemandem darf aufgrund einer Behinderung dieses Recht entzogen werden. Der Bund garantiert, dass allen Menschen mit Behinderungen sämtliche Informationen zugänglich sind und das Wahl- und Abstimmungsverfahren autonom und hindernisfrei nutzbar sind.

Begründung

In der Schweiz leben gemäss Bundesamt für Statistik rund 22% der Bevölkerung mit Behinderungen. Das Recht dieser Bevölkerungsgruppe auf Teilhabe am politischen und öffentlichen Leben ist in der UNO-Behindertenrechtskonvention festgehalten, die aber noch nicht umgesetzt ist. Der Zugang zu politischen Strukturen wird für Menschen mit Behinderungen nach wie vor erschwert oder verhindert:

Menschen, die «wegen Geisteskrankheit oder Geistesschwäche entmündigt sind» (Art. 136 BV), werden die politischen Rechte grundsätzlich aberkannt. Davon betroffen sind Menschen mit psychischen und kognitiven Behinderungen, die unter umfassender Beistandschaft stehen. Abstimmungs- und Wahlunterlagen und Informationen sind nicht vollumfänglich hindernisfrei zugänglich. Menschen mit Sehbehinderungen können nicht autonom wählen und abstimmen. Eine Teillösung auf Bundesebene ist zwar in Arbeit, garantiert aber im Falle von Wahlen das Stimmgeheimnis sowie die nötige Autonomie nicht und kann nur eine Übergangslösung bis zur Einführung eines hindernisfreien E-Votings sein. Abstimmungserläuterungen in Leichter Sprache werden nicht zur Verfügung gestellt, was für Menschen mit kognitiven Behinderungen eine Hürde darstellt. Wahlunterlagen, Informationen und Erklärvideos werden für Menschen mit einer Hörbehinderung nicht in Gebärdensprache und ergänzter Lautsprache erstellt oder untertitelt. 

Petition 2: Hindernisfreiheit und Teilhabe am politischen Leben

Die Schweizer Demokratie lebt von der Vielfalt des föderalen und mehrsprachigen Staates. Wir Menschen mit Behinderungen tragen zu dieser Vielfalt bei. Unser Wissen und unsere Expertise zu Fragen der Inklusion, aber auch weit darüber hinaus auszuschliessen, hindert die Schweiz daran, weiterzukommen. Von einem hindernisfreien Zugang zum öffentlichen Leben profitiert die gesamte Bevölkerung.

Die Behindertensession 2023 wendet sich mit der Resolution «vollständige politische Teilhabe jetzt!»  an die Politik, die Behörden und die Zivilgesellschaft, um die Teilhabe und Vertretung von Menschen mit Behinderungen auf allen politischen Ebenen zu stärken. Basierend auf dieser Resolution wendet sich die Kommission der Behindertensession mit der vorliegenden Petition an die Bundesversammlung und an den Bundesrat:

Forderungen

  1. Wir Menschen mit Behinderungen fordern, selbstbestimmt und gleichberechtigt am politischen Leben teilzuhaben. Der Bund verpflichtet sich, seine Veranstaltungen, Abläufe, Gebäude, Dienstleistungen, Unterlagen und Informationen für alle Menschen mit Behinderungen zugänglich zu machen, öffentliche Mittel dafür zur Verfügung zu stellen und tritt gegen Ableismus ein.
  2. Wir fordern, dass diese erste Behindertensession nicht die letzte sein wird. Wir haben noch viel zu sagen und einzubringen.

Begründung

In der Schweiz leben gemäss Bundesamt für Statistik rund 22% der Bevölkerung mit Behinderungen. Das Recht dieser Bevölkerungsgruppe auf Teilhabe am politischen und öffentlichen Leben ist in der UNO-Behindertenrechtskonvention festgehalten, die aber noch nicht umgesetzt ist. Der Zugang zu politischen Strukturen wird für Menschen mit Behinderungen nach wie vor erschwert oder verhindert:

Die heutigen politischen Strukturen sind nicht hindernisfrei zugänglich. Seien das parteiliche Strukturen oder die politischen Strukturen von Bund, Kantonen und Gemeinden. Das betrifft die bauliche Zugänglichkeit von Gebäuden und Orten für die Ausübung von Ämtern oder die Teilnahme an Veranstaltungen. Es betrifft fehlende Assistenzleistungen und Nachteilsausgleiche, die eine Voraussetzung für eine politische Teilhabe, für Wahlkämpfe oder die Ausübung eines Amtes sein können. Und es betrifft auch die Zugänglichkeit zu Information und Veranstaltungen, die wegen technischer, sprachlicher oder kommunikativer Hürden nicht oder nur teilweise gegeben ist. 

Petition 3: Politische Mitsprache und passives Wahlrecht

Die Schweizer Demokratie lebt von der Vielfalt des föderalen und mehrsprachigen Staates. Wir Menschen mit Behinderungen tragen zu dieser Vielfalt bei. Unser Wissen und unsere Expertise zu Fragen der Inklusion, aber auch weit darüber hinaus auszuschliessen, hindert die Schweiz daran, weiterzukommen. Von einem hindernisfreien Zugang zum öffentlichen Leben profitiert die gesamte Bevölkerung.

Die Behindertensession 2023 wendet sich mit der Resolution «vollständige politische Teilhabe jetzt!»  an die Politik, die Behörden und die Zivilgesellschaft, um die Teilhabe und Vertretung von Menschen mit Behinderungen auf allen politischen Ebenen zu stärken. Basierend auf dieser Resolution wendet sich die Kommission der Behindertensession mit der vorliegenden Petition an die Bundesversammlung und an den Bundesrat:

Forderungen

  1. Wir Menschen mit Behinderungen fordern eine bessere direkte Repräsentation von Menschen mit Behinderungen auf allen politischen Ebenen – vom Gemeinderat bis in den Bundesrat. Der Bund verpflichtet sich, dieses Ziel durch Massnahmen zur Unterstützung, Ermutigung und durch finanzielle Nachteilsausgleiche zu erreichen. Er garantiert, dass Personen nach Beendigung eines politischen Amtes die gleichen Sozialleistungen wie davor erhalten.
  2. Wir fordern bei allen politischen Entscheiden angehört zu werden und mitsprechen zu können. Dafür bezeichnen die ständigen Kommissionen Menschen mit Behinderungen als Expert*innen und konsultieren diese. Zusätzlich wird eine ausserparlamentarische Behindertenkommission geschaffen.

Begründung

In der Schweiz leben gemäss Bundesamt für Statistik rund 22% der Bevölkerung mit Behinderungen. Das Recht dieser Bevölkerungsgruppe auf Teilhabe am politischen und öffentlichen Leben ist in der UNO-Behindertenrechtskonvention festgehalten, die aber noch nicht umgesetzt ist. Der Zugang zu politischen Strukturen wird für Menschen mit Behinderungen nach wie vor erschwert oder verhindert:

Menschen mit Behinderungen sind als politische Vertreter*innen stark unterrepräsentiert. Auf kommunaler, kantonaler und nationaler Ebene finden sich nur vereinzelte Politiker*innen mit Behinderungen in gewählten Ämtern. Die Gründe dafür sind vielseitig: 

Noch immer ist die gesellschaftliche Einstellung gegenüber Menschen mit Behinderungen sehr defizitorientiert, was ihre Wahlchancen mindert. Viele Parteien sind nicht für alle zugänglich und fördern Menschen mit Behinderungen als Mitglieder und auf Wahllisten noch zu wenig. Der drohende Verlust von notwendigen Versicherungsleistungen beim Antritt eines politischen Amtes und die Folgen einer Abwahl diesbezüglich, stellen zusätzliche Hindernisse dar. Zudem sind die politischen Strukturen nicht hindernisfrei zugänglich. Seien das parteiliche Strukturen oder die politischen Strukturen von Bund, Kantonen und Gemeinden. Das betrifft die bauliche Zugänglichkeit von Gebäuden und Orten für die Ausübung von Ämtern oder die Teilnahme an Veranstaltungen. Es betrifft fehlende Assistenzleistungen und Nachteilsausgleiche, die eine Voraussetzung für eine politische Teilhabe, für Wahlkämpfe oder die Ausübung eines Amtes sein können. Und es betrifft auch die Zugänglichkeit zu Information und Veranstaltungen, die wegen technischer, sprachlicher oder kommunikativer Hürden nicht oder nur teilweise gegeben ist. 

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